Laos

Hat Laos ein Schuldenproblem?

Laos weist hohe Schuldenstandindikatoren und ein hohes Überschuldungsrisiko auf. Besonders problematisch ist seine umfassende Abhängigkeit von seinem wichtigsten Geber/Gläubiger China.

Die wichtigsten Schuldenindikatoren (Stand 2020)

IndikatorWertGrenzwert
Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (%)94,440
Auslandsverschuldung im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)262,3150
Jährlicher Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)15,815
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP (%)68,250
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zu den öffentlichen Einnahmen (%)533,6200
Auslandsschuldenstand (US-Dollar)17,164 Mrd.
Schuldendienst: Zinsen und Tilgungen an ausländische Gläubiger (US-Dollar)1,034 Mrd.

Erklärung zu den Indikatoren und Grenzwerten

Wer sind die Gläubiger von Laos?

Erklärung der Schuldenkategorien

Die gesamten Auslandsschulden eines Landes setzen sich aus den Schulden des öffentlichen Sektors und denen des Privatsektors zusammen. Im Diagramm sind öffentliche Schulden mit Vollfarben und private Auslandsschulden schraffiert dargestellt.

Bei den öffentlichen Schulden werden drei Gläubigergruppen unterschieden, nämlich multilaterale öffentliche Gläubiger – das sind vor allem Entwicklungsbanken und der IWF -, bilaterale öffentliche Gläubiger – das sind andere Regierungen – und private Gläubiger.

Bei den beiden öffentlichen Gläubigerkategorien unterscheiden wir zudem nach konzessionären, also zinsgünstigen Krediten zu Entwicklungshilfebedingungen, und Krediten zu Marktbedingungen („nicht-konzessionäre“).

Bei den öffentlichen Schulden bei privaten Gläubigern unterscheiden wir die beiden Hauptinstrumente, nämlich Bankkredite und Anleihen. Diese beiden Instrumente unterscheiden wir auch bei den Auslandsschulden des Privatsektors.

Laos’ Auslandsschulden entfallen zu etwas mehr als der Hälfte auf den Staat. Der Rest sind Schulden privater Bürger*innen, Banken und Unternehmen. Diese sind überwiegend bei ausländischen Privatbanken verschuldet. Anleihen spielen nur eine geringe Rolle.

Die Auslandsschulden des Staates bestehen ganz überwiegend gegenüber bilateralen öffentlichen Gläubigern. Mit Abstand der wichtigste bilaterale Gläubiger ist China, dessen Forderungen an Laos mit 5,3 Milliarden US-Dollar rund viermal so hoch sind wie die aller anderen Regierungen zusammen. Von den im Pariser Club zusammengeschlossenen Gläubigern sind Russland mit 287 Millionen US-Dollar, Japan mit rund 180 Millionen US-Dollar und Südkorea mit 195 Millionen US-Dollar die bedeutendsten. Dazu kommen kleinere Forderungen (7 Millionen US-Dollar) aus Schweden. Außerhalb des Clubs bestehen Handelsschulden gegenüber Indien und Malaysia. Deutschland hält keine Forderungen an Laos. Etwas überraschend ist Ungarn ein Gläubiger von Laos, zusammen mit Südkorea und Japan sogar mit (bescheidenen) Entwicklungshilfekrediten.

Die bedeutendsten privaten ausländischen Gläubigerbanken des laotischen Staates sind erstaunlicherweise aus Österreich (rund 119 Millionen US-Dollar). Diese und die erheblichen Schulden bei Anleihezeichnern dienten vor allem dem Ausbau großer Infrastrukturprojekte in den Bereichen Verkehr und Energiegewinnung. Häufig haben sie die Rechtsform Öffentlich-privater Partnerschaften, welche den Staat im Verlustfall in die Pflicht nehmen.

Trend

Vier der fünf im Schuldenreport 2022 untersuchten Schuldenindikatoren von Laos haben sich von 2018 bis 2020 um mindestens 10 Prozent verschlechtert. Für 2021 rechnen der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank mit einer weiteren Verschärfung der Situation.

Bisherige Schuldenerleichterungen für Laos

Laos hat bislang noch nie seine Verbindlichkeiten bei öffentlichen oder privaten Gläubigern umfassend umgeschuldet. Allerdings gab es im Jahr 2007 eine bilaterale Vereinbarung mit Russland über die Streichung von 70 Prozent der umgerechnet rund 1,3 Milliarden US-Dollar Altschulden bei der Sowjetunion.

Laos gehört zu den Ländern, denen die G20 im April 2020 ein Schuldenmoratorium angeboten haben. Dieses war zunächst abgelehnt worden. Allerdings gelang 2021 die bilaterale Vereinbarung eines Zahlungsaufschubs mit China. Dadurch konnte 2021 der Schuldendienst kurzzeitig wieder unter 50 Prozent der öffentlichen Einnahmen gedrückt werden. Die ausgesetzten Beträge müssen aber, wenn China die Regeln der Moratoriumsinitiative der G20 (DSSI) anwendet, 2023-2027 verzinst und nachgezahlt werden.

Aktuelle Risiken für die Schuldentragfähigkeit

Im April 2017 stufte der IWF Laos’ Überschuldungsrisiko herauf und zwar von „mittel“ auf „hoch“. Das bedeutet, dass der IWF damit rechnet, dass Laos auch unter dem zuletzt Ende 2019 für wahrscheinlich gehaltenen Basisszenario der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung kritische Schuldengrenzen anhaltend überschreiten und möglicherweise zahlungsunfähig wird.

Das schnelle Wachstum der Schulden wird nur so lange nicht zur Krise führen, wie das Wachstum der Gesamtwirtschaft die vorgesehenen Quoten um die 7 Prozent erreicht. Das ist mit dem durch die Corona-Pandemie bedingten Einbruch nicht länger der Fall. Der IWF geht für 2022 nur noch von einem Wirtschaftswachstum von 3,2 Prozent aus. Der bereits 2020 mit mehr als 1 Milliarde US-Dollar sehr hohe jährliche Schuldendienst auf die öffentlichen Auslandsschulden wird im Schnitt der Jahre 2022-2025 nach Berechnungen der Weltbank auf mehr als 1,3 Milliarden US-Dollar ansteigen. Das entspricht etwa der Hälfte der öffentlichen Einnahmen.

Unsicherheitsfaktoren resultieren aus der hohen Abhängigkeit vom Handel mit den Nachbarn, vor allem China. Wenn die großen Infrastrukturinvestitionen nicht wie geplant ausreichend konvertible Einnahmen generieren können, droht die Zahlungsunfähigkeit. Bereits 2020 war ein Zahlungsausfall gegenüber China nur durch die Überlassung der Mehrheitsanteile des nationalen Elektrizitätsnetzes an eine chinesische Firma abgewendet worden.

Im März hatte die Regierung erfolgreich eine in Baht dotierte Anleihe in Thailand platziert, mit der laufende Verpflichtungen gegenüber privaten Gläubigern zunächst refinanziert werden konnten. Eine Schuldenerleichterung ist damit allerdings nicht verbunden. Wegen des geringen Anteils konzessionärer Finanzierungen am gesamten Schuldenstand, bleiben solche Refinanzierungen lediglich ein Instrument zur Überbrückung von Liquiditätslücken, nicht zur Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit des Landes.

In einem Bericht vom April 2022 schreibt die Weltbank, dass ohne einen erfolgreichen Abschluss der laufenden bilateralen Schuldenverhandlungen der Druck auf die Zahlungsbilanz sowie den öffentlichen Haushalt nicht mehr aushaltbar sein werde, es mithin zur Zahlungseinstellung kommen müsse. Ob Laos nach dem gewährten Moratorium tatsächliche Schuldenerleichterungen von China erwarten kann, ist noch nicht bekannt.

Politische Empfehlungen

Laos hat sich in den vergangenen Jahren in eine sehr hohe Abhängigkeit von China begeben. Deswegen ist heute auch die Wiederherstellung der fiskalischen Handlungsfähigkeit weitgehend von China abhängig.  Bemühungen um multilaterale Unterstützung etwa auch durch andere Gläubiger hat es kaum gegeben. Dem IWF wurde nicht einmal die Veröffentlichung seines Artikel-IV-Berichts für 2021 gestattet.

Sollte die Regierung tatsächlich an einer Reduzierung der einseitigen Abhängigkeit des Landes interessiert sein, könnte die Beantragung von Schuldenerleichterungen unter dem Common Framework der G20 oder unter einem multilateralen Ad-hoc-Prozess dafür Spielräume schaffen, indem China in ein gemeinsames Vorgehen mit anderen Gläubigern gezwungen wird.

Stand: Juni 2022